Die verdrängte und unterdrückte Weiblichkeit der modernen Frau – Vom Verlust der seelischen Ordnung zwischen Hingabe und Bewusstsein
Dieser Text ist eine gesellschaftliche Anklage und eine psychologische Betrachtung. Er will die seelische Spannung der modernen Frau verstehen durch Bewusstmachung jener inneren Mechanismen, die C. G. Jung als Verdrängung und Unterdrückung beschrieben hat.
Die gegenwärtige Zeit hat das seelische Gleichgewicht zwischen den männlichen und weiblichen Kräften weitgehend verloren. Was früher durch Religion, Moral und Symbolik gehalten wurde, muss heute vom einzelnen Menschen innerlich getragen werden. Darin liegt die grosse Herausforderung: das eigene Handeln nicht nur psychologisch, sondern auch sittlich zu erkennen – als Teil einer übergeordneten Ordnung des Lebens.
Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
(Johannes 8,32)
1. Verdrängung und Unterdrückung nach Jung – Grundbegriffe
C. G. Jung unterscheidet klar zwischen Verdrängung und Unterdrückung, zwei Vorgängen, die oft verwechselt werden, aber seelisch völlig verschieden sind.
Verdrängung ist ein unbewusster, natürlicher Prozess. Das Bewusstsein stösst Inhalte ab, die es momentan nicht integrieren kann. Diese Inhalte sinken in das Unbewusste, wo sie weiterwirken und später – in Träumen, Symbolen oder Krisen – wiederkehren können.
Verdrängung ist somit ein Schutzmechanismus und Teil der seelischen Selbstregulation.
Unterdrückung dagegen ist ein bewusster seelischer Konflikt. Sie entsteht dort, wo der Mensch gegen die Moral verstösst – gegen die objektive, innere Ordnung des Lebens – und diesen Verstoss nicht wahrhaben will. Das Gewissen meldet sich, doch das Ich lehnt es ab.
Die Wahrheit über das eigene Handeln, Denken oder Fühlen wird niedergehalten, um das Selbstbild zu bewahren.
Damit wird nicht die Moral selbst unterdrückt, sondern das Bewusstsein des moralischen Widerspruchs. Diese Verleugnung erzeugt Spannung, Schuld und Entfremdung – die seelische Grundlage jeder Neurose.
Doch Schuld besteht nicht nur im Tun des Bösen, sondern ebenso in der Unterlassung des Guten. Denn das Gute will verwirklicht werden – es verlangt Handlung. Wer es erkennt und dennoch unterlässt, unterdrückt nicht nur sein Gewissen, sondern den lebendigen Willen des Geistes in sich.
Wer also das Gute zu tun weiss und es nicht tut, für den ist es Sünde.
(Jakobus 4,17)
Unterdrückung entsteht also nicht aus Moral, sondern aus der Weigerung, ihr zu begegnen.
Nicht Schuld zerstört, sondern Unehrlichkeit gegenüber der Wahrheit – und die Flucht vor dem Guten, das getan werden müsste.
2. Die natürliche Verdrängung der Mutter
Eine Frau, die Mutter wird, erlebt Verdrängung als Teil des Lebens. In der Hingabe an das Kind muss sie vieles zeitweise zurückstellen – persönliche Wünsche, Freiheit, Selbstverwirklichung. Das ist gesund, solange sie innerlich weiss, warum sie es tut, und diese Haltung in einer sinnstiftenden Ordnung verankert bleibt.
Eine Frau, wenn sie gebiert, hat Traurigkeit, weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst, weil Freude da ist, dass ein Mensch in die Welt geboren ist.
(Johannes 16,21)
Frühere Kulturen boten dafür ein religiöses und symbolisches Gefäss: Mutterschaft war eingebettet in die göttliche Ordnung, in der Opfer und Fruchtbarkeit zwei Seiten derselben Wirklichkeit waren. So blieb das Verdrängte seelisch verbunden – es ruhte, ohne verloren zu gehen.
Heute fehlt dieses Gefäss. Mutterschaft ist nicht mehr heiliger Auftrag, sondern private Belastung. Das führt dazu, dass Frauen ihr Opfer nicht mehr als sinnvoll, sondern als ungerecht empfinden. Doch anstatt diesen Konflikt bewusst zuzulassen, unterdrücken sie ihn – sie wollen nicht wahrhaben, dass sie sich innerlich gegen die Ordnung des Lebens stellen, die Bindung, Fürsorge und Hingabe verlangt. So wird nicht nur das Böse gefördert, sondern auch das Gute unterlassen – und das ist der tiefere seelische Bruch.
3. Die verdrängte Ehefrau – Das vergessene Band zwischen Mann, Frau und Kind
Die moderne Frau erlebt nicht nur die Verdrängung ihrer Weiblichkeit, sondern auch die ihrer seelischen Rollen – als Ehefrau und Mutter. Beides sind natürliche Ausdrucksformen des Weiblichen, zwei Gesichter derselben seelischen Wirklichkeit. In der heutigen Gesellschaft darf sie weder das eine noch das andere voll leben.
Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen.
(Markus 10,9)
Ehe ist nicht primär eine gesellschaftliche oder rechtliche Institution, sondern eine seelische Ordnung, in der das Weibliche und das Männliche sich begegnen, durchdringen und gegenseitig läutern. In der Ehe lernt die Frau, ihre Hingabe zu vertiefen und ihre Liebe zu verankern; der Mann lernt, seine Kraft zu ordnen und Verantwortung zu tragen.
Darum war die Ehe in allen Kulturen heilig: Nicht weil sie das Individuum einschränkt, sondern weil sie die Seele bindet – an Wahrheit, an Treue, an Verantwortung.
Diese Bindung ist kein Zwang, sondern eine Form der seelischen Freiheit: Sie schützt das Herz vor der Zersplitterung und bewahrt die Liebe vor dem Zerfall in Beliebigkeit.
Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat.
(Epheser 5,25)
Deshalb kann man das Muttersein nicht vom Ehefrau-Sein trennen: Die Mutter ist das Herz des Hauses, die Ehefrau seine Seele. Beide zusammen bilden das Zentrum, aus dem Ordnung, Vertrauen und Geborgenheit entstehen.
Die Heilung der Frau – und ebenso die des Mannes – beginnt mit der Wiederentdeckung der Ehe als seelischem Raum. Nicht als gesellschaftlicher Zwang, sondern als heiliger Bund, in dem sich das Weibliche und das Männliche gegenseitig vollenden.
Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. (Genesis 2,24)
4. Fehlgeleitete seelische Energie
Was unterdrückt wird, verschwindet nicht. Die seelische Energie, die aus Hingabe und Empfänglichkeit stammt, sucht sich neue Wege: Kontrolle, Überleistung, Aktivismus oder emotionale Distanz. Was ursprünglich nährt, beginnt zu erschöpfen. So entsteht keine Freiheit, sondern Zwang – das Zeichen einer unterdrückten Wahrheit.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
(Matthäus 6,21)
5. Verdrängung der Weiblichkeit
Da das Weibliche in der heutigen Welt keinen anerkannten Ausdruck mehr findet, wird es nicht nur unterdrückt, sondern auch psychisch verdrängt. Die Frau muss ihre weibliche Natur abspalten, um männlichen Räumen zu bestehen. Dadurch verliert der Mutterinstinkt seine natürliche Richtung. Was nicht mehr in der Familie, in Fürsorge oder schöpferischer Gestaltung gelebt werden darf, sucht sich unbewusste Ersatzfelder.
Alles, was lebt, sei fruchtbar und mehre sich.
(Genesis 8,17)
6. Der Zeitgeist als Verstärker
Der moderne Zeitgeist hat keine Moral – er ersetzt sie durch wechselnde Ideale: Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit, Erfolg, Effizienz. Diese Werte sind beweglich, aber seelisch leer; sie geben Richtung, aber keinen Sinn.
Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis.
(Jesaja 5,20)
Die Frau wird heute oft unbewusst dazu verführt, das Gute nicht mehr zu tun – nicht, weil sie böse ist, sondern weil der Zeitgeist ihr das Gute als Fessel darstellt. So entsteht eine kollektive Verwirrung, in der Unterlassung als Tugend gilt. Doch wo das Gute nicht mehr getan wird, stirbt es – zuerst im Herzen, dann in der Welt.
7. Gleichstellung und Gleichberechtigung
Gleichberechtigung bedeutet, dass Mann und Frau vor Gott gleichwertig sind – als zwei verschiedene, aber gleichwürdige Ausdrucksformen des Menschseins. Gleichstellung hingegen versucht, diese Verschiedenheit zu beseitigen. So wird das Weibliche an den Massstäben des Männlichen gemessen und verliert seine eigene Mitte.
Im Herrn ist weder die Frau ohne den Mann noch der Mann ohne die Frau.
(1. Korinther 11,11)
8. Die geistige Bürde der modernen Frau
Die Frau steht zwischen zwei Polen: Die Religion, die Moral vermittelte, ist verblasst; der Zeitgeist, der sie ersetzt hat, kennt keine. Sie spürt Schuld, aber weiss nicht wofür; sie sucht Freiheit, aber findet keine Richtung.
Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?
(Markus 8,36)
9. Die Neurose als seelisches Symptom
Die moderne Frau leidet an einer kollektiven Neurose und Hysterie, weil sie in einem doppelten Widerspruch lebt: Sie muss das Weibliche verdrängen, um in den männlichen Domänen zu bestehen, und sie muss es gleichzeitig unterdrücken, um "moralisch" zu überleben.
Denn was ich will, das tue ich nicht; was ich aber hasse, das tue ich.
(Römer 7,15)
Eine Neurose ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ruf der Seele nach Wahrheit. Sie zwingt das Bewusstsein, hinzusehen, wo es sich selbst verleugnet. Wird sie verstanden, verwandelt sie sich in Bewusstsein.
10. Das männliche Prinzip als schützende Kraft
Es liegt in der Verantwortung des Mannes, Frau und Kind zu schützen – nicht als Herrschaft, sondern als Dienst an der Ordnung des Lebens. Der Mann muss lernen, die Frau nicht zu formen, sondern zu bewahren. Er ist Hüter der Grenze, nicht Besitzer.
Der Mann ist das Haupt der Frau, wie Christus das Haupt der Kirche ist.
(Epheser 5,23)
So trägt der Mann eine doppelte Verantwortung: Er schützt nicht nur das Leben, sondern auch die seelische Würde der Frau und der Kinder, damit sie nicht in den Konflikt gezwungen wird, sich selbst zu verleugnen.
11. Der Einzelne als Weg zur Heilung des Kollektivs
Man kann das Kollektive nur verändern, wenn sich der Einzelne verändert. Was im Einzelnen verdrängt und unterdrückt wird, wird in der Gesellschaft zu Struktur, Ideologie oder Macht.
Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus deines Bruders Auge zu ziehen. (Matthäus 7,5)
Diese Einsicht schlägt die Brücke zur Religion: Jesus ist das Symbol des individuellen Menschen, der sich der Wahrheit stellt, anstatt sie zu projizieren. Er nimmt die Schuld auf sich, statt sie abzugeben; er trägt die Last, statt sie zu leugnen; und gerade dadurch verwandelt er das Kollektiv.
Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. (Markus 8,34)
Das Kreuz ist kein Zeichen der Niederlage, sondern der seelischen Integration: Der Mensch begegnet dem eigenen Schatten, nimmt ihn in Liebe an und wird dadurch ganz.
Erst wenn der Einzelne diesen Weg geht, kann das Kollektiv sich heilen.
Das Reich Gottes ist inwendig in euch. (Lukas 17,21)