Regula Nigredi – Ordensregel des Ordo Nigredo

Regula Nigredi: Der Weg des Ordo Nigredo führt durch die Schwärze der Materie zur Klarheit des Geistes. Wer eintritt, verlässt die Unruhe der Welt und sucht den inneren Frieden durch Ordnung, Arbeit und Betrachtung. Der Mensch ist Dreifaltigkeit: Geist, Seele und Körper – das Werk besteht darin, sie zu reinigen, zu verbinden und in Einklang zu bringen. Darum gilt: Wer in den Ordo Nigredo eintritt, verpflichtet sich zur Beständigkeit, zur Disziplin, zur Frömmigkeit, zur Keuschheit und zur inneren Wandlung. Im Erkennen der eigenen Gegensätze – männlich und weiblich, Licht und Schatten – reift der Mensch zur Ganzheit.

Kapitel 1 – Die Gemeinschaft und ihre Hierarchie

  1. Der Ordo Nigredo lebt in fester klösterlicher Ordnung unter strenger Hierarchie.
  2. Der Abt steht an der Spitze des Ordens. Ihm ist der gesamte geistliche, sittliche und organisatorische Vollzug unterstellt.
  3. Unter ihm stehen:
    • Der Prior – Stellvertreter des Abtes und Wächter der Ordnung im täglichen Vollzug.
    • Der Subprior – Hüter der Disziplin und Aufsicht über das Schweigen, das Gebet und die Arbeit.
    • Der Cellerar – Verwalter der materiellen Güter, verantwortlich für Nahrung, Werkzeuge und Kleidung.
    • Der Magister Novitiorum – Lehrer und geistlicher Begleiter der Novizen.
    • Die Dekane – Vorgesetzte kleiner Gruppen, verantwortlich für Gehorsam, Ordnung und gegenseitige Unterstützung.
    • Die Professen – voll eingegliederte Brüder und Schwestern, die das Gelübde abgelegt haben.
    • Die Novizen – Prüflinge, die sich in Gehorsam, Schweigen und Arbeit üben.
    • Die Postulanten – Suchende, die den Orden kennenlernen und in Schweigen und Beobachtung verharren.
  1. Kein Mitglied übertritt seine Stufe ohne Prüfung und Zustimmung des Abtes.
  2. Befehle werden ohne Zögern ausgeführt; Ungehorsam wird als Störung des Werkes betrachtet.
  3. Der Rang eines jeden spiegelt den inneren Reifegrad wider – je höher die Stufe, desto grösser die Verantwortung für das Ganze.

Kapitel 2 – Der Abt

  1. Der Abt ist Vater, Lehrer und Richter der Gemeinschaft.
  2. Er herrscht nicht durch Härte, sondern durch Beispiel, Klarheit und Unbestechlichkeit.
  3. Sein Wort ist Gesetz, sein Schweigen Gebot.
  4. Er trägt Sorge für die Reinheit der Lehre und die Wahrung der Hierarchie.
  5. In geistlichen Fragen entscheidet er allein; in materiellen mit Rat der Ämter.

Kapitel 3 – Der Rat des Klosters

  1. Bei wichtigen Fragen ruft der Abt den Rat der Ämter und Dekane zusammen.
  2. Jüngere dürfen gehört werden, doch das Urteil liegt beim Abt.
  3. Widerspruch wird nur in Demut und allein zur Klärung des Werkes vorgetragen.

Kapitel 4 – Werkzeuge des inneren und äusseren Weges

  1. Schweigen – um das Wort zu heiligen.
  2. Gehorsam – um den eigenen Willen zu läutern.
  3. Demut – um die Wahrheit zu empfangen.
  4. Frömmigkeit – um das Werk in Gottes Gegenwart zu vollziehen.
  5. Keuschheit – als Reinheit von Absicht, Blick und Tat.
  6. Arbeit – als sichtbares Gebet.
  7. Mass – als Schutz vor Ausschweifung und Übermass.
  8. Wahrhaftigkeit – als Spiegel des inneren Gleichgewichts.
  9. Erkennen des Schattens – um ihn zu verwandeln.
  10. Vereinigung von Männlichem und Weiblichem – um Ganzheit zu erreichen.
  11. Dankbarkeit – als tägliche Opfergabe.

Kapitel 5 – Vom Gehorsam

  1. Gehorsam ist das Band, das die Gemeinschaft trägt.
  2. Der Bruder oder die Schwester gehorcht dem Abt wie Christus selbst.
  3. Wer zögert, widerspricht oder murrt, zeigt die Unreife des Herzens.
  4. Vollkommener Gehorsam ist schweigend, freudig und vollkommen.

Kapitel 6 – Vom Schweigen

  1. Schweigen ist der Schutz des Heiligen.
  2. Kein Wort werde gesprochen, das nicht notwendig, wahr oder nützlich ist.
  3. Nach der abendlichen Gebetszeit herrscht Schweigen bis zum Morgen.

Kapitel 7 – Von der Demut

  1. Demut ist die höchste Tugend.
  2. Wer herrscht, diene; wer dient, herrsche über sich selbst.
  3. Die Demut offenbart sich in Schweigen, Arbeit und Gehorsam.

Kapitel 8 – Vom täglichen Rhythmus

  1. Der Tag gliedert sich in Gebet, Arbeit und Betrachtung.
  2. Kein Bruder oder keine Schwester bleibt untätig.
  3. Alles, was geschieht, soll im Takt der Ordnung geschehen – so wird das Werk rein.

Kapitel 9 – Vom Cellerar und den Diensten

  1. Der Cellerar verwaltet alle Güter mit Strenge und Mass.
  2. Verschwendung gilt als Missachtung des Werkes.
  3. Er sorgt für die Verteilung der Aufgaben und wacht über Gerechtigkeit in allen Dingen.

Kapitel 10 – Von der Aufnahme neuer Mitglieder

  1. Wer eintritt, legt alles Weltliche ab.
  2. Der Novize wird geprüft auf Geduld, Demut, Gehorsam und Beständigkeit.
  3. Erst nach einem Jahr darf er sein Gelübde ablegen.
  4. Das Gelübde umfasst: Gehorsam, Keuschheit, Frömmigkeit, Beständigkeit und Hingabe an das Werk.

Kapitel 11 – Von der wahren Männlichkeit und Weiblichkeit

  1. Jeder Mensch trägt das Männliche und Weibliche in sich.
  2. Wahre Männlichkeit zeigt sich in Klarheit, Tatkraft und Schutz.
  3. Wahre Weiblichkeit zeigt sich in Hingabe, Intuition und schöpferischer Tiefe.
  4. Wer diese Kräfte in sich versöhnt, erreicht das Gleichgewicht des inneren Königreiches.
  5. Im Ordo Nigredo gilt: Nur wer beide Prinzipien erkennt, kann das Werk vollenden.

Kapitel 12 – Von der Frömmigkeit

  1. Frömmigkeit ist die stete Gegenwart Gottes im Tun.
  2. Sie verlangt keine Schau, sondern Einfachheit und Achtsamkeit.
  3. Der fromme Mensch erkennt das Heilige in jeder Handlung.

Kapitel 13 – Von der Keuschheit

  1. Keuschheit bedeutet Reinheit der Absicht, nicht Entfremdung vom Leben.
  2. Sie bewahrt das Feuer, anstatt es zu zerstreuen.
  3. Im Denken, Sprechen und Handeln herrsche Mass und Achtung.

Kapitel 14 – Von der Materie und dem Geist

  1. Alles Stoffliche dient der Läuterung des Geistigen.
  2. Arbeit an der Materie ist zugleich Gebet an Gott.
  3. Wer mit reinen Händen arbeitet, arbeitet auch am eigenen Herzen.

Kapitel 15 – Von Strafe und Zucht

  1. Ungehorsam, Trägheit oder Hochmut werden zurechtgewiesen.
  2. Zurechtweisung erfolgt zuerst im Geheimen, dann vor Zeugen, zuletzt vor der Gemeinschaft.
  3. Wer sich nicht bessert, wird zeitweise ausgeschlossen.
  4. Der Ausschluss dient nicht der Strafe, sondern der Läuterung.

Kapitel 16 – Vom Ziel des Werkes

  1. Ziel ist das Gleichgewicht von Geist, Seele und Körper.
  2. Durch Gehorsam, Frömmigkeit, Keuschheit und die Vereinigung der Gegensätze entsteht Ganzheit.
  3. Der Vollendete ist nicht ohne Fehler, sondern in Frieden mit ihnen.

Kapitel 17 – Abschluss

Diese Regel ist Gesetz und Weg zugleich.
Sie formt das Äussere, um das Innere zu läutern.
Sie fordert Strenge, um Freiheit zu ermöglichen.
Denn in der Schwärze liegt der Beginn des Lichts.
„Nigredo – Initium Lucis.“